Steuertipps für Zahnarztpraxen
Welche Steuern sind in der Zahnarztpraxis relevant? Wie gehen Sie bei einer Betriebsprüfung vor? Welche Betriebskosten können Sie steuerlich absetzen? Die Antworten auf diese Fragen und weitere nützliche Informationen erhalten Sie in diesem Kapitel.
Steuerliche Änderungen 2023
Folgende Gesetzesänderungen wurden für das 2022 bereits beschlossen oder sind für das Jahr 2023 noch zu erwarten (Stand Dezember 2022):
Jahressteuergesetz 2022 ((Zustimmung des Bundesrates vom 16.12.2022)
Enthalten sind – neben zahlreichen Einzelvorschriften - einige spektakuläre Steueränderungen für die nächsten Jahre – gelistet in der Reihenfolge der Einkünfte:
- Ertragssteuerbefreiung für bestimmte Photovoltaikanlagen ab 1.1.2022 (§ 3 Nr. 72 EStG)
Einnahmen aus dem Betrieb von Photovoltaikanlagen bis zu einer Bruttonennleistung (lt. Marktstammdatenregister) von 30 kW auf Einfamilienhäusern und Gewerbeimmobilien bzw. 15 kW je Wohn- und Gewerbeeinheit bei übrigen Gebäuden (z.B. Mehrfamilienhäuser, gemischt genutzte Immobilien) sind einkommen- und gewerbesteuerfrei. Die Steuerbefreiung gilt für den Betrieb einer einzelnen Anlage oder mehrerer Anlagen bis max. 100 kW (peak). Die 100-kW (peak)-Grenze ist dabei pro Steuerpflichtigem bzw. Mitunternehmerschaft zu prüfen. Bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften (z. B. Vermietungs-GbR) soll der Betrieb von Photovoltaikanlagen, die die begünstigten Anlagengrößen nicht überschreiten, nicht zu einer gewerblichen Infektion der Vermietungseinkünfte führen.
Hinweis: Ab 01 01.2023 gilt für die Lieferung, die Einfuhr, einen innergemeinschaftlichen Erwerb sowie die Installation bestimmter Photovoltaikanlagen ein Nullsteuersatz bei der Umsatzsteuer (§ 12 Abs. 3 UStG). Der Vorsteuerabzug soll damit entfallen, weil die Lieferung von Photovoltaikanlagen ohnehin nicht mehr mit Umsatzsteuer belastet ist.
Das gilt für Photovoltaikanlage mit einer Bruttoleistung von nicht mehr als 30 kW (peak) auf und in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen oder anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden.
- Der Arbeitnehmer-Pauschbetrag wird von 1.200 € (bis 2021 1.000 €) auf 1.230 € ab VZ 2023 erhöht (§ 9a Satz 1 Nr. 1 Buchst. A EStG).
- Erweiterung der Homeoffice-Pauschale ab 01.01.2023. Der Abzug war in den Corona-Jahren 2020 bis 2022 mit 5 € pro Tag möglich. Nun gilt sie dauerhaft mit 6 € pro Tag angehoben, maximal 1.260 € pro Jahr (bisher 600 €). Der Höchstbetrag wird erreicht, wenn die Steuerpflichtigen die betriebliche oder berufliche Tätigkeit an 210 Tagen im Jahr am häuslichen Arbeitsplatz ausüben.
Bei verschiedenen betrieblichen oder beruflichen Tätigkeiten wird sowohl die Tagespauschale als auch der Höchstbetrag auf die verschiedenen Betätigungen aufgeteilt.
Die Tagespauschale ist neben dem Abzug von Fahrtkosten für die Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte nun auch zulässig, wenn für die betriebliche oder berufliche Betätigung dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Ein Abzug ist außerdem zulässig, wenn zusätzlich zu einer Auswärtstätigkeit die überwiegende Arbeitszeit in der häuslichen Wohnung verrichtet wird.
- Die Energiepreispauschale (EPP) wird auch für Renten- und Versorgungsbeziehende als steuerpflichtige Einnahmen vollständig der Besteuerung unterliegen. Unabhängig davon ist eine versteuerte EPP für Versorgungsbeziehende in der Lohnsteuerbescheinigung im zu bescheinigenden Bruttoarbeitslohn mit 300 € enthalten.
Hinweis: die Energiepreispauschale von 300 € wurde zur Abmilderung der drastisch gestiegenen Energiekosten für aktiv tätige Erwerbspersonen durch die Energiekrise eingeführt (Abschnitt XV in §§ 112 bis 122 EStG durch das Steuerentlastungsgesetz 2022 v. 23.5.2022). Sie stand jedem Erwerbstätigen zu, später auch Renten- und Versorgungsbeziehenden.
Arbeitnehmer (auch Minijobber) im ersten Dienstverhältnis erhielten sie von ihrem Arbeitgeber im September 2022. Arbeitgeber konnten sich die gezahlte Energiepreispauschale über die Lohnsteuer-Anmeldung zurückholen.
Selbständige erhielten sie durch Kürzung der Einkommensteuervorauszahlung September 2022.
Die Energiepreispauschale ist steuerpflichtig, aber beitragsfrei in der Sozialversicherung. Sie wird mit dem individuellen Steuersatz besteuert.
- Die Gebäude-AfA für nach dem 31.12.2022 erstellte Wohngebäude wird von 2 % auf 3 % angehoben (§ 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG). Die aus dem Ansatz des höheren pauschalen AfA-Satzes resultierende kürzere Abschreibungsdauer von 33 Jahren hat aber keinen Einfluss auf die Beurteilung der tatsächlichen Nutzungsdauer von Wohngebäuden. Diese wird regelmäßig auch mehr als 50 Jahre betragen.
- Die Sonderabschreibung für die Herstellung neuer Mietwohnungen wird eingeschränkt an bestimmte Effizienzvorgaben( "Effizienzhaus 40" mit Nachhaltigkeitsklasse/Effizienzgebäude-Stufe 40), eine einzuhaltende Baukostenobergrenze und maximal förderfähige Bemessungsgrundlage (§ 7b EStG). Gilt für Wohnungen, die hergestellt werden aufgrund eines Bauantrags oder einer entsprechenden Bauanzeige in den Jahren 2023 bis 2026.
- Verluste bei Kapitaleinkünften eines Ehegatten dürfen ab 2023 auch mit positiven Kapitalerträgen des anderen Ehegatten im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung ausgeglichen werden.
- Der Sparerpauschbetrag steigt ab 2023 von bisher 801 € auf 1.000 € bzw. 2.000 € bei Zusammenveranlagung ansteigen.
- Der vollständige Abzug von Altersvorsorgeaufwendungen (Gesetzliche Rentenversicherung, Versorgungswerk, Rürup-Renten usw.) als Sonderausgaben ist bereits ab dem Jahr 2023 möglich. Die Änderung sei vor dem Hintergrund der BFH-Urteile v. 19.5.2021 (X R 20/19 und X R 33/19) erforderlich, da mit dieser Maßnahme dazu beigetragen werde, auf langfristige Sicht eine "doppelte Besteuerung" von Renten aus der Basisversorgung zu vermeiden.
- Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende steigt von bisher 4.008 € auf 4 260 € ab 2023. Arbeitgeber haben den erhöhten Entlastungsbetrag für Alleinerziehende bei den Lohn-, Gehalts- und Bezügeabrechnungen zu berücksichtigen, ggf. rückwirkend.
- Der Ausbildungsfreibetrag wird von bisher 924 € auf 1.200 € ab 2023 angehoben. Der Betrag wird vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen zur Abgeltung eines Sonderbedarfs eines sich in Berufsausbildung befindenden, auswärtig untergebrachten, volljährigen Kindes, für das Anspruch auf Kindergeld besteht.
Gas- und Strompreisbremse ab 2023 ist steuerpflichtig
Für private Haushalte, kleine und mittlere Unternehmen mit weniger als 1,5 Millionen Kilowattstunden Gasverbrauch im Jahr sowie für Vereine soll der Gaspreis bei 12 Cent pro Kilowattstunde gedeckelt werden. Für Fernwärme beträgt der gedeckelte Preis 9,5 Cent je Kilowattstunde. Das heißt: Für ein Kontingent von 80 Prozent des im September 2022 prognostizierten Jahresverbrauchs gilt der niedrigere Preis. Für den restlichen Verbrauch muss der normale Marktpreis gezahlt werden.
Für private Verbraucher sowie kleine Unternehmen wird der Strompreis bei 40 Cent pro Kilowattstunde gedeckelt. Dies gilt für den Basisbedarf von 80 Prozent des historischen Verbrauchs – in der Regel gemessen am Vorjahr. Nur für den übrigen Verbrauch, der darüber hinausgeht, muss dann der reguläre Marktpreis gezahlt werden.
Die Gas- und Wärmepreisbremse startet ab März 2023 und umfasst auch rückwirkend die Monate Januar und Februar. Die Entlastung erfolgt über die Energieversorgungsunternehmen automatisch.
Die Ersparnis aus der Gas- und Strompreisbremse sind steuerpflichtig, allerdings erst ab einem zu versteuernden Einkommen von 72.000 € (ähnlich der Regeln für die Soli-Grenzen). Wie groß der geldwerter Vorteil ausfällt, sollen die Versorger mitteilen. Diese Vorschläge einer Expertenkommission von Dez 2022 können sich noch ändern.
Wichtige Änderungen im Bewertungsgesetz für Grundstücksbewertungen nach dem 31.12.2022:
Im Bewertungsgesetz werden das Ertrags- und Sachwertverfahren zur Bewertung bebauter Grundstücke sowie die Verfahren zur Bewertung in Erbbaurechtsfällen und Fällen mit Gebäuden auf fremdem Grund und Boden an die geänderte Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) vom 14. Juli 2021 (BGBl. I S. 2805) angepasst. Dabei soll sichergestellt werden, dass die von den Gutachterausschüssen für Grundstückswerte auf der Grundlage der ImmoWertV ermittelten, sonstigen für die Wertermittlung erforderlichen Daten unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Modellkonformität weiterhin bei der Grundbesitzbewertung für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie Grunderwerbsteuer sachgerecht angewendet werden können.
Insbesondere werden die Liegenschaftszinssätze (§ 188 Abs. 2 Satz 2 BewG) und die Wertzahlen für das Sachwertverfahren (§ 191 Satz 2 BewG i.V.m. Anlage 25 zum BewG) an das aktuelle Marktniveau angepasst. Die Anpassungen können bei Übertragungen von Ein- und Zweifamilienhäusern sowie Eigentumswohnungen zum Anstieg der Schenkung- und Erbschaftsteuer führen, soweit im Einzelfall das Sachwertverfahren einschlägig ist. Betroffen sind auch Mehrfamilienhäuser, bei denen regelmäßig der Ertragswert herangezogen wird.
Auch in Zukunft hat das Vergleichswertverfahren Vorrang, das im Wesentlichen auf Vergleichsfaktoren oder Vergleichspreisen der örtlich zuständigen Gutachterausschüsse basiert. Nur wenn keine Vergleichswerte vorliegen, ist nach § 182 Abs. 4 Nr. 1 BewG das Sachwertverfahren einschlägig.
Corona-Steuergesetze ab 2020
Aufgrund der Vielzahl der steuerlichen Förderungen werden hier nur die für die Praxis wichtigsten herausgegriffen, soweit sie noch aktuell sind.
- (nur zur Info, da ausgelaufen) Pflegebonus bis 31.12.2022 (§ 3 Nr. 11b neu EStG): Beschäftigte in medizinischen Einrichtungen aller Art können 4.500 € steuerfrei und sozialversicherungsfrei erhalten. Auch Minijobber können sie erhalten. Die Zuwendung muss zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn ausgezahlt (keine Lohnumwandlung), und vertraglich zugesagt sein (durch besondere Vereinbarung, einseitige Erklärung des Arbeitgebers, individuelle Lohnabrechnungen oder Überweisungsbelege. Die Zuwendung wird nicht auf der Lohnsteuerbescheinigung ausgewiesen und ist nicht in der Einkommensteuererklärung anzugeben
- (nur zur Info, da ausgelaufen) Corona-Prämie § 3 Nr. 11 ESTG bis 31.03.2022: Sonderzahlungen für Arbeitnehmer aller Berufsgruppen bis zu maximal 1.500 € (als Geld oder Sachlohn) waren befristet im Zeitraum 2020 bis Ende März 2022 steuerfrei sowie beitragsfrei in der Sozialversicherung gestellt. Voraussetzung ist die Gewährung zusätzlich zum vereinbaren Arbeitslohn.
- (nur zur Info, da ausgelaufen)Vorübergehende Wiedereinführung der degressiven AfA: Als steuerlicher Investitionsanreiz wird eine degressive Abschreibung für Abnutzung (AfA) mit dem Faktor 2,5 gegenüber der derzeit geltenden AfA und maximal 25 % Prozent pro Jahr für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens eingeführt (§ 7 Abs. 2 EStG). Soweit für ein bewegliches Wirtschaftsgut auch die Voraussetzungen zur Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen z. B. nach § 7g Absatz 5 EStG vorliegen, können diese neben der degressiven Abschreibung in Anspruch genommen werden (Gilt für Neuinvestitionen im VZ 2020 bis 2022).
- Fristen bei der Nutzung/Auflösung von Investitionsabzugsbeträgen: Investitionsabzugsbeträge nach § 7g EStG sind grundsätzlich bis zum Ende des 3. auf das Wirtschaftsjahr des jeweiligen Abzuges folgenden Wirtschaftsjahres für begünstigte Investitionen zu verwenden oder für das Jahr der Bildung rückgängig zu machen. Für in den Jahren 2017 und 2018 gebildete Abzugsbeträge wird die Investitionsfrist bis Ende 2023 verlängert.
- Digital-AFA ab 2021 (bleibt auch 2023 ff): Abweichend von der regelmäßigen Abschreibung von drei Jahren kann für bestimmte Computerhardware (einschließlich der dazu gehörenden Peripheriegeräte) und die für die Dateneingabe und -verarbeitung erforderliche Betriebs- und Anwendersoftware eine Nutzungsdauer von einem Jahr angesetzt werden (Wahlrecht). Das gilt auch für in Vorjahren angeschaffte digitale Wirtschaftsgüter (BMF-Schreiben v. 26.2.2021).
- Steuererklärungsfristen: Die Frist zur Abgabe von Steuererklärungen 2020 -2024 wird verlängert. Für „beratene“ Fälle und den Veranlagungszeitraum (VZ) 2021 bis 31.08.2023, für den VZ 2022 bis 30.07.2024, für den VZ 2023 bis 02.06.2025.
Die Verzinsung von Steuernachforderungen beginnt ebenfalls verzögert. - Aufhebung des Steuergeheimnisses im Zusammenhang mit auf Grund der Covid19-Pandemie zu Unrecht erlangten Leistungen aus öffentlichen Mitteln (§ 31a Abs. 1 Satz 2 AO). Die Finanzbehörden dürfen solche Daten in den Fällen von § 31a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b Doppelbuchst. bb oder Nr. 2 AO auch für die Durchführung eines Strafverfahrens (aber nicht Bußgeldverfahren) wegen einer zu Unrecht erlangten Leistung aus öffentlichen Mitteln offenbaren.
Neuregelung der Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen (Stand Dez 2022)
Nach der Entscheidung des BVerfG vom Juli 2021 wurde die Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen im Juli 2022 mit Wirkung für die Vergangenheit neu geregelt (§ 233a AO).
- Der Zinssatz für Zinsen nach § 233a AO wird nach dem Änderungsgesetz für Verzinsungszeiträume ab dem 1.1.2019 rückwirkend auf 0,15 % pro Monat (1,8 % pro Jahr) gesenkt (§ 238 Abs 1a neu AO). Für die Vorjahre bleibt es bei einer Verzinsung von 0,5 % pro Monat.
- Die Neuregelung gilt für alle Steuern, auf die die Vollverzinsung anzuwenden ist und in allen Fällen, in denen Zinsen festgesetzt werden.
- Der Zinssatz ist unter Berücksichtigung der Entwicklung des Basiszinssatzes nach § 247 BGB alle 2 Jahre mit Wirkung für nachfolgende Verzinsungszeiträume zu evaluieren, erstmals zum 1.1.2024.
- Bei freiwilligen Zahlungen vor Ergehen eines Steuerbescheides sind die sonst automatisch entstehenden Nachzahlungszinsen nun laut gesetzlicher Regelung zu erlassen. Das stand bisher im Ermessen des jeweiligen Finanzamtes.
- Die Neuregelung gilt nicht für Stundungs-, Hinterziehungs- und Aussetzungszinsen nach den §§ 234, 235 und 237 AO. Hier sind jedoch auch schon Steuerverfahren anhängig.
- Zur Höhe der Säumniszuschläge, soweit diese nach dem 31.12.2018 entstanden sind. bestehen laut BFH-Beschluss (v. 11.11.2022, VIII B 64/22) ernstliche verfassungsrechtliche Zweifel.
Wichtige Änderungen im Personalkostenbereich 2022 ff
- Inflationsausgleichsprämie: Der Arbeitgeber kann seinen Mitarbeitern zusätzlich zum geschuldeten Arbeitslohn eine steuer- und sozialversicherungsfreie Sonderzuwendung bis zu 3.000 € steuer- und abgabenfrei gewähren (§ 3 Nr. 11c EStG), um die inflationsbedingten hohen Lebenshaltungskosten zumindest einmalig abzufedern. Begünstigt ist eine Auszahlung (als Ganzes oder in Teilbeträgen) im Zeitraum 26.10.2022 (= Tag nach der Verkündung des Gesetzes) bis zum 31.12.2024.
- Erhöhung des Mindestlohns auf 9,60 auf 9,82 € ab 01.01.2022, auf 10,45 € ab 01.07.2022, und auf 12,00 € ab 01.10.2022
- Erhöhung der Minijobgrenze ab 01.10.2022 auf 520 €: Das entspricht etwa dem aktuellen Mindestlohn und 10 Stunden die Woche.
- Für bisherige Midijobber mit einem Verdienst über 450 € bis 520 € monatlich gibt es einen Bestandsschutz in der Krankenversicherung bis 2024: sie können gesetzlich versichert bleiben, sofern keine Familienversicherung möglich ist. In der Rentenversicherung und Lohnsteuer gibt es keinen Bestandschutz, was aber nicht schlimm ist: Bei einem Entgelt bis zur neuen Minijobgrenze wird die pauschale Steuer von 2 % berechnet und der Job wird steuerfrei. Die Rentenversicherungspflicht kann, muss aber nicht abgewählt werden.
- Die Lohngrenze bei kurzfristig Beschäftigten steigen zum 1. 01.2023: Die Arbeitslohngrenze je Arbeitstag beträgt dann 150 € (bisher 120 €). Die Stundenlohngrenze beträgt 19 € (bisher 15 €).
- Die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) wird zum 1.1.2023 Pflicht. Der Arbeitgeber muss diese selbst bei der zuständigen Krankenkasse abrufen. Die Beschäftigten müssen aber ihrerseits den Arbeitgeber darüber informieren, dass sie arbeitsunfähig sind und dass die entsprechende Bescheinigung über die Krankenkasse abrufbar ist. Empfehlenswert ist eine Information der Beschäftigten z.B. durch einen betriebsüblichen Aushang oder eine Anlage zur nächsten Entgeltabrechnung, da die Umstellung auf die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung noch nicht überall bekannt sein dürfte. Einer Ergänzung oder Änderung eines bestehenden Arbeitsvertrags bedarf es hierzu nicht.
- Elektronische Bescheinigung an die Arbeitsagentur (BEA) ab dem 01.01.2023:
Diese Bescheinigungen grundsätzlich nur noch digital, nicht mehr in Papierform, an die Agentur für Arbeit übermitteln: Arbeitsbescheinigung, EU-Arbeitsbescheinigung, Nebeneinkommensbescheinigung
Doppelbesteuerung von Rentenbezügen – Berechnung und Maßnahmen
- Der BFH (Urteil v. 19.5.2021, X R 33/19 und Urteil v. 19.5.2021 (X R 20/19) hält den mit dem Alterseinkünftegesetz eingeleiteten Systemwechsel zur nachgelagerten Besteuerung von Altersbezügen und die Übergangsregelungen grundsätzlich für verfassungskonform. Allerdings darf es im konkreten Einzelfall nicht zu einer doppelten Besteuerung von Renten kommen. Der Steuerpflichtige kann nachweisen, dass es in seinem konkreten Einzelfall zu einer doppelten Besteuerung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen kommt: dann hat er Anspruch auf eine Milderung des Steuerzugriffs in der Rentenbezugsphase.
- Eine solche doppelte Besteuerung liege regelmäßig vor, wenn die Summe der aus dem bereits versteuerten Einkommen aufgebrachten Rentenversicherungsbeiträge höher ist als die Summe der voraussichtlich steuerfrei bleibenden Rentenzuflüsse (steuerfreier Rentenbezug).
- Verfahrensrechtlich werden die Finanzämter alle offenen oder zu ändernden Steuerbescheide ab 2005 diesbezüglich für vorläufig erklären, in denen eine Leibrente oder eine andere Leistung aus der Basisversorgung nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG erfasst wird.
- Gegen die beiden Grundsatzurteile des BFH v sind beim BVerfG Verfassungsbeschwerden anhängig (2 BvR 1140/21 und 2 BvR 1143/21, Steuerpflichtige sollten daher die weiteren Entwicklungen beobachten (insbesondere vor dem Hintergrund des Zusatzes im Vorläufigkeitsvermerk).
- Steuerpflichtigen, die sich noch in der Ansparphase befinden, ist anzuraten, ihre Unterlagen wie Steuerbescheide, Erwerbsbiographien, aus denen die gezahlten Vorsorgebeträge hervorgehen, entsprechend aufzubewahren, um später bei Rentenbezug eine etwaige Doppelbesteuerung auch geltend machen zu können.
Aktuelle Steuerrechtsprechung im Fokus (Stand Dezember 2022)
Gefahr der „gewerblichen Infizierung“ von freiberuflich tätigen Personengesellschaften
Die freiberufliche Tätigkeit ist grundsätzlich nicht gewerbesteuerpflichtig. Bei Zusammenschlüssen von Freiberuflern kann jedoch eine “gewerbliche Infizierung“ durch bestimmte Sachverhalte eintreten, die dann für die gesamte Tätigkeit Gewerbesteuer auslöst, so die langjährige Finanzrechtsprechung (siehe auch im Kap Gewerbesteuer). Folgende Sachverhalte sind hinzugetreten:
Übt ein Mitunternehmer einer zahnärztlichen Partnerschaftsgesellschaft nur in geringem Umfang eigene Beratungs- und Behandlungsleistungen unmittelbar an Patienten und ganz überwiegend Tätigkeiten in den Bereichen Organisation, Verwaltung und Leitung der Gesellschaft aus, so entspricht das nicht mehr dem Leitbild der selbständig ausgeübten Tätigkeit als Zahnarzt. Die Folge ist die gewerbliche Infizierung der gesamten Einkünfte der Partnerschaft (FG Rheinland Pfalz vom 16.09.2021, Revision BFH VIII R 4/22).
Eine nur geringfügige Beteiligung an einer gewerblich tätigen Gesellschaft kann die Einkünfte der freiberuflich tätigen Gesellschaft infizieren (FG Hamburg v. 25.02.2021; Revision BFH VIII R 1/22). Entscheidet das Finanzamt auf „gewerbliche Infizierung“, so ist ein Einspruch notwendig. In dem Zusammenhang könnte eine Beteiligung an einer Gesellschaft zum Betrieb einer Photovoltaikanlage kritisch sein. Hinweis: Ab 2022 könnte bei kleineren Anlagen eine Ertragssteuerbefreiung vorliegen.
Leasingsonderzahlung und Kostendeckelung bei beruflich genutztem PKW – Ende des Steuersparmodells
Werden PKW von selbständig Tätigen überwiegend beruflich genutzt, so wird der private Eigenverbrauch häufig nach der 1 %-Methode ermittelt. Sind die tatsächlichen Kosten niedriger, so kommen diese zur Versteuerung. Werden die laufenden Kosten durch eine hohe anfängliche Leasingsonderzahlung gedrückt, so ist diese Kostenobergenze in einem späteren Jahr sehr gering, was einen Steuerspareffekt auslöste. Der BFH hat nun entschieden, dass die Leasingsonderzahlung zur Ermittlung der Kostenobergrenze auf die Laufzeit verteilt werden muss (BFH v. 17.05.2022 VIII R 11/20). Unabhängig davon kann jedoch die Sonderzahlung im Zahlungszeitraum als Betriebsausgaben angesetzt werden.
Stb./WP. Gabriela R. Scholz
Aktuelle Steuerparameter und Freibeträge
Die Zahlen zum Aufbau des Einkommensteuertarifs gelten für alle zu versteuernden Einkommen:
Steuersatz in der Progressionszone: |
14 % bis 42 % |
45 % auf Gewinneinkünfte (Reichensteuer) |