Mit dem Praxishandbuch auf der sicheren Seite
Hier finden Sie unter anderem wertvolle Informationen zu berufsrechtlichen Grundlagen, zum Gewerbe– und Werberecht und wie Sie Praxismiet- oder Arbeitsverträge rechtlich richtig gestalten.
Bewertungsportale - Wie wehre ich mich gegen unzutreffende Bewertungen?
Das Internet ermöglicht seinen Nutzern, sich unkompliziert und unmittelbar zu Erlebnissen, etc. im alltäglichen Leben zu äußern. Manche Äußerungen sind hilfreich und positiv, manche unsinnig, andere wiederum negativ oder gar verletzend. Bewertungsportale bieten grundsätzlich eine gute Möglichkeit, sich einerseits zu informieren und andererseits die eigene Reputation aufzubauen und interessierten Patienten zur Kenntnis zu bringen. Die Bewertungsmöglichkeiten sind – jedenfalls zunächst – unbegrenzt. Entsprechend kann ein „falscher“ Blick oder der „falsche“ Ton binnen kürzester Zeit eine vernichtende Bewertung hervorrufen, die eine enorme Reichweite haben kann.
Immer mehr Behandler sehen sich mit Äußerungen konfrontiert, die sich nicht nur wirtschaftlich, sondern auch berufsrechtlich auswirken können. Was also tun, wenn man mit einer reputationsschädigenden Bewertung konfrontiert wird?
Die nachfolgenden Ausführungen sollen einen Überblick zu den rechtlichen Grundlagen geben und Handlungsmöglichkeiten aufzeigen. Das Nachstehende gilt für Bewertungsportale im Allgemeinen (Google, jameda, Sanego, etc.).
Was darf ich als Bewerter?
Das Grundrecht der Meinungsfreiheit gibt jedem das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten, und zwar zunächst einmal unabhängig von der „Qualität“ oder der Richtigkeit bzw. Vernünftigkeit der Äußerung.
Es wird zwischen Meinungsäußerungen und Tatsachenbehauptungen unterschieden, da diese rechtlich unterschiedlich behandelt werden. Wie eine Äußerung rechtlich zu bewerten ist, hängt von vielen Faktoren ab und ist immer anhand einer Gesamtschau der konkreten Umstände im Einzelfall zu beurteilen. Dabei wird der gesamte Aussagegehalt (nicht isolierte Bestandteile) und der objektive Sinn der Äußerung aus Sicht eines unvoreingenommenen Durchschnittslesers betrachtet.
Als Faustregel gilt:
Tatsachenbehauptungen sind innere und äußere Vorgänge, die dem Beweis zugänglich sind und sich damit als wahr oder unwahr feststellen lassen.
Meinungsäußerungen sind subjektive Ansichten bzw. Auffassungen, die durch das Element der Stellungnahme gekennzeichnet und nicht dem Beweis zugänglich sind. Art. 5 Abs. 1 GG schützt Meinungsäußerungen selbst dann, wenn sie hart, ausfällig oder polemisch sind.
Bei der Frage, ob gegen eine Bewertung vorgegangen werden kann, kommt es also zunächst maßgeblich auf die in der Bewertung enthaltenen Äußerungen und der rechtlichen Einordnung der Äußerungen an.
Sind Meinungsäußerungen immer zulässig?
Das Grundrecht Meinungsfreiheit gilt nicht grenzenlos. Dort, wo Rechte anderer berührt werden, findet das Grundrecht seine Grenzen. Je nachdem, welches Recht des anderen betroffen ist, ist die Äußerung per se unzulässig oder aber es ist eine Abwägung der widerstreitenden Interessen durchzuführen.
Dabei gilt im Grundsatz zunächst:
- Wahre Tatsachenbehauptungen fallen unter die Meinungsäußerungsfreiheit und müssen abgesehen von Extremfällen hingenommen werden.
- Falsche Tatsachenbehauptungen unterfallen nicht dem Schutz von Art. 5 GG und sind in der Regel unzulässig.
- Meinungsäußerungen sind jedenfalls immer dann unzulässig, wenn sie die Grenze zu Formalbeleidigungen („A****“) und Schmähkritik (Diffamierung einer Person) überschreiten oder einen Angriff auf die Menschenwürde darstellen. In diesen Fällen erfolgt keine Interessenabwägung, da die bloße Ehrbeeinträchtigung des Betroffenen im Vordergrund steht.
- Soweit eine Äußerung nicht per se zulässig oder unzulässig ist (s.o.), findet regelmäßig eine Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen statt. Das bedeutet konkret, dass überprüft werden muss, welche Interessen im jeweiligen Einzelfall stärker wiegen.
Bei Internetbewertungen stehen sich typischerweise zwei Rechtspositionen gegenüber: Das Recht des von der Äußerung Betroffenen auf Schutz seiner Persönlichkeit (Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, ggf. i.V.m. Art. 12 Abs. 1 GG; Art. 8 EMRK) und das Recht des Bewertenden auf Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG und Art. 10 EMRK).Das bedeutet konkret, dass stets überprüft werden muss, welche Interessen im jeweiligen Einzelfall stärker wiegen.
Welche Pflichten treffen Portalbetreiber?
Portalbetreiber sind als sog. Host-Provider grundsätzlich nicht verpflichtet, fremde Bewertungen proaktiv vor Veröffentlichung auf eventuelle Rechtsverletzungen zu überprüfen, sie müssen aber aktiv werden und auf die Klärung bzw. Löschung rechtswidriger Sachverhalte hinwirken, wenn sie Kenntnis hiervon erlangen. Zudem müssen Portalbetreiber nach einem Hinweis auch Vorsorge treffen, dass es möglichst nicht zu weiteren gleichartigen Rechtsverletzungen des Bewertenden kommt.
Wie reagiert man richtig auf Negativbewertungen?
- Sinnvollerweise sollte die Bewertung inklusive der zugehörigen URL in irgendeiner Form gesichert werden (Screenshot, Ausdruck, etc.).
- Bewertungen sollten mit Blick auf die berufsrechtliche Schweigepflicht insbesondere nicht unter Darstellung der Behandlung (Anamnese, Diagnose, Prognose und Therapieregime) oder unter Preisgabe persönlicher Daten des Patienten kommentiert werden. Sofern man dennoch kommentieren möchte, sollte der Kommentar immer eng am Text bleiben. eine aufgeregte Kommentierung führt nicht weiter und kann im worst case mehr Aufmerksamkeit als die eigentliche Bewertung erzeugen.
- Strafanzeigen führen häufig, auch wenn der Inhalt beleidigend oder verleumderisch sein sollte, nicht weiter.
- Eine Meldung der Bewertung erfolgt regelmäßig über ein von dem jeweiligen Portalbetreiber vorgehaltenes Online-Formular. Die „Monierung“, die dort übermittelt wird, muss zwingend so aussagekräftig begründet werden, dass der Portalbetreiber auf Basis der Monierung unschwer erkennen kann, dass eine offensichtliche Rechtsverletzung vorliegt. Zutreffende tatsächliche und rechtliche Ausführungen sind dringend zu empfehlen. Auch sollte der Behandlungskontakt bestritten werden, soweit sich die Identität des Bewertenden für den Betroffenen nicht ohne Weiteres aus der Bewertung ergibt.
- In der Regel empfiehlt sich eine anwaltliche Vertretung, da die Einordnung der in Rede stehenden Äußerungen einer detaillierten Prüfung bedarf und Kenntnisse der Berufsordnungen und des Vertragsarztrechts unverzichtbar sind.
ZUSAMMENFASSUNG:
- Bewertungsportale sind berechtigt, personengebundene Daten zu erfassen, zu speichern und zu übermitteln, daher besteht regelmäßig kein Anspruch auf Löschung der eigenen Daten. Grund dafür ist, dass ein Bewertungsportal nach der Rechtsprechung eine von der Rechtsordnung gebilligte und gesellschaftlich erwünschte Funktion erfüllt.
- Der Bewertete kann nicht gegen jede ihm unliebsame Bewertung vorgehen, als Marktteilnehmer muss er sich grundsätzlich Kritik gefallen lassen, auch wenn sie polemisch oder überzogen ist.
- Es besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Herausgabe von persönlichen Daten des Bewertenden.
- Im Falle einer rechtsverletzenden Bewertung hat der Betroffene einen Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch gegen den Portalbetreiber
- Ist der Bewertende bekannt, kann er im Wege einer Abmahnung direkt auf Unterlassung und Beseitigung in Anspruch genommen werden. Unter Umständen kann auch ein Anspruch auf Schadensersatz bestehen.
- Monierung muss einen sog. qualifizierten Hinweis enthalten, um spezifische Prüfpflichten des Portalbetreibers zu begründen.
- Hat ein Portalbetreiber einmal einen Prüfprozess durchgeführt und die Löschung abgelehnt, wird eine zweite Prüfung auch auf Forderung eines später eingeschalteten Anwaltes in der Regel abgelehnt.
Beitrag von RAin Bita Foroghi, LL.M. oec.